70 Jahre seit dem Ende der Besatzungszeit
Im Jahr 2025 jährt sich zum 70. Mal das Ende der Besatzungszeit in Österreich. Auch in Zistersdorf war diese Zeit von Entbehrung, Unsicherheit und politischer Bevormundung geprägt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Zistersdorfer Schloss von der sowjetischen Kreiskommandantur beschlagnahmt und diente als Sitz der russischen Verwaltung.
Mit dem Staatsvertrag von 1955 und dem Abzug der sowjetischen Truppen endete auch in unserer Stadt eine schwierige Dekade – eine Zeit, in der die Bevölkerung den Machtansprüchen einer Besatzungsmacht ausgesetzt war, die im Hintergrund auf den Aufbau des Kommunismus in Österreich hinarbeitete.
Der Sitz der Kommandantur befand sich im Schloss.
Sowjetischer Kreiskommandant Oberstleutnant Kotov (Mitte)
Übergabe der USIA-Betriebe und der Erdölfelder
Ein wichtiger Schritt im Jahr 1955 war die Übergabe der sogenannten USIA-Betriebe – jener Unternehmen, die während der Besatzungszeit unter sowjetischer Verwaltung standen – an die Republik Österreich. Dazu gehörten auch die Erdölfelder der Umgebung, die von der „Sowjetischen Mineralölverwaltung“ (SMV, vormals S.E.B.) kontrolliert wurden.
Diese Rückgabe markierte nicht nur das Ende der wirtschaftlichen Abhängigkeit, sondern auch den Beginn einer neuen Ära des Aufbaus und des Selbstvertrauens in der Region.
Zistersdorf im Fokus sowjetischer Verwaltung
Während der Besatzungsjahre kam es immer wieder zu Spannungen zwischen der Gemeinde und den sowjetischen Stellen. Das Schlossgebäude war seit 1945 Sitz der sowjetischen Kreiskommandantur. Teile davon wurden der SMV ohne Zustimmung der Stadtgemeinde überlassen. Auch nach 1955 war die Lage noch angespannt – die SMV glaubte sich im Besitz eines Rechtstitels und wollte das Schloss nicht räumen.
Darüber hinaus kam es zu unautorisierten Eingriffen in den Schlosspark. Sowohl die Sowjets als auch der kommunistisch geführte Zentralbetriebsrat der Bohrbetriebe führten dort Umbauten durch und forderten vehement, den Park der Arbeiterschaft zu übergeben.
Im Sommer 1948 eskalierte die Situation: In einem erhaltenen Brief vom 21. Juni 1948 wurde der damalige Bürgermeister Johann Steineck offen bedroht.
Auch nach dem Abzug der Besatzung standen die Gemeindeväter vor großen Herausforderungen. Im Sommer 1955 musste beschlagnahmtes Privatvermögen aufgespürt und an die rechtmäßigen Eigentümer rückgeführt werden. Möbelstücke, die von den Sowjets konfisziert und an die SMV weitergegeben worden waren, fanden sich unter anderem in Depots in Neusiedl und im EPG-Haus am Steinberg.
Erinnerung und Nachwirkung
In seiner Grabrede für den Altbürgermeister Steineck und seine Frau am 3. Jänner 1970 erinnerte Ferdinand Reiter an die Demütigungen, die Steineck während der Besatzungszeit ertragen musste, und an die schwierigen Abwehrmaßnahmen gegen den kommunistischen Putschversuch im Jahr 1950.
Über viele Ereignisse jener Jahre wurde lange geschwiegen. Besonders die körperlichen Übergriffe – vor allem gegen Frauen – blieben ein Tabuthema. In den Archiven finden sich dazu keine Dokumente, zu groß war die Angst vor Repressionen.
Ein einziges, kurioses Zeugnis ist jedoch bis heute erhalten geblieben: Ein Angebot einer Wiener Schädlingsbekämpfungsfirma aus dem Jahr 1955, in dem die „Entwesung“ des Schlosses nach dem Abzug der Sowjets mit 4.400 Schilling veranschlagt wurde.
Schlussgedanke
Der Abzug der sowjetischen Truppen im Jahr 1955 bedeutete für Zistersdorf das Ende einer Zeit der Unsicherheit und der Fremdbestimmung.
70 Jahre später erinnert sich der Museumsverein Zistersdorf an diese prägende Dekade – als Mahnung, aber auch als Zeichen des Wiederaufbaus, der Selbstbestimmung und des demokratischen Neubeginns in unserer Heimat.
Das Schreiben der Arbeiterschaft der Sowjetischen Mineralölverwaltung an Bürgermeister Johann Steineck
Kostenvoranschlag einer Schädlingsbekämpfungsfirma über die „Entwesung“ des Schlosses
Die Zeitung „Neues Österreich“ berichtet in ihrer Ausgabe vom 27. 10. 1954 von wiederkehrenden Forderungen und Drohungen der sowjetischen Kommandantur und nennt ein Beispiel aus Zistersdorf.
Das Russendenkmal befand sich an der Hauptstraße auf dem Platz vor dem heutigen Gebäude der Polizei und Bezirkshauptmannschaft. Es wurde 1959 abgerissen. Die dort begrabenen sowjetischen Soldaten wurden umgebettet.
Das Russendenkmal durfte unter der Auflage entfernt werden, dass am Rathaus eine Gedenktafel für die sowjetischen Soldaten angebracht wird.
Dieser Wegweiser mit der kyrillischen Aufschrift „Dürnkrut“ und „Hohenau“ ist ein Relikt aus der Besatzungszeit und befindet sich im Stadtmuseum.













